Der Nachtmarsch
Den Veteranen des Instandsetzungsbataillons 11 ist ein Fußmarsch in besonderer Erinnerung. Auslösendes Moment war ein feucht-fröhlicher Abend während einer Übungsunterbrechung. Offiziere und Unteroffiziere der 1. Kompanie saßen beisammen und genossen die Ruhepause. Als unter dem Einfluß von Alkohol die Stimmung und die Lautstärke wuchsen, fühlte sich der Bataillonskommandeur veranlaßt, zur Ruhe zu mahnen.
Kaum aber war der „Alte" wieder in seinem Zelt verschwunden, waren alle Ermahnungen vergessen. Nach Ende der Feier hatte man sich gerade in die Schlafsäcke eingerollt, als die Soldaten durch den Befehl: „Kompanie in einer halben Stunde feldmäßig auf der Straße vor dem Bataillons-Gefechtsstand antreten" aufgeschreckt wurden.
Nach einer halben Stunde stand die Kompanie wie befohlen. „Doch wie's da drinnen aussieht, geht niemand etwas an", dachte sich manch einer, der aus Zeitnot den Kampfanzug über den Schlafanzug gezogen hatte. Diese Soldaten waren noch gut dran, da sie den „Sticheleien" des „Kratzmanns" nicht ganz so stark ausgesetzt waren wie jene, die in Anbetracht der warmen Nacht nur eine Turnhose unter dem Kampfanzug trugen. In der Eile waren zudem viele ohne Socken in die Stiefel geschlüpft.
Lange konnte der Appell mit dem verdienten „Anschiß" ja nicht dauern, und man war wieder von allen Qualen befreit, so die allgemeine Ansicht. Doch hier zeigte sich, wie selten Wünsche in Erfüllung gehen. „Kompanie stillgestanden. Rechts um. Ohne Tritt marsch!" 20 km bei Nacht, in unzureichender Unterbekleidung, bei flottem Tempo — das war eine Lehre, die keiner so bald vergaß. Es versteht sich, daß sich kein einziger die Blöße geben wollte und aufgab. Es bleibt noch zu sagen, daß der Kommandeur an der Spitze der Kompanie marschierte und das Tempo angab, und das trotz einer Kriegsverletzung, die ihn zum ständigen Tragen einer Stütze zwang: Eine bemerkenswerte Leistung, die von den unfreiwilligen Marschteilnehmern mit Respekt registriert wurde.